Skip to main content
Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

70 Prozent zahlen für Hörhilfen Mehrkosten

70 Prozent zahlen beim Hörakustiker obendrauf. Mehrkosten sind hausgemachtes Probleme der Krankenkassen

Neumünster, 24.06.2019 – Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. fordert eine konsequente Umsetzung der Qualitätsvorgaben bei der Hörgeräteversorgung. „Dass über 70 Prozent der Versicherten beim Hörakustiker Mehrkosten zahlen müssen, ist ein von den Krankenkassen hausgemachtes Prob-15 lem“, stellt PD Dr. Jan Löhler mit Blick auf die heute vom GKV-Spitzenverband veröffentlichten Zahlen fest. Denn in vielen Fällen werde bewusst darauf verzichtet, die Hörgeräteabgabe der Akus-tiker vom HNO-Arzt kontrollieren zu lassen, so der Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für angewandte HNO-Heilkunde 20 (WIAHNO) des Berufsverbandes der HNO-Ärzte.

Laut einer repräsentativen Versichertenbefragung des GKV-Spitzenverbandes geht nur jeder dritte GKV-Patient ohne über den Festbetrag hinausgehende Kosten bei der Hörgeräteversorgung nach 25 Hause. 70 Prozent der Versicherten zahlt beim Hörakustiker obendrauf. Die durchschnittliche Höhe der Mehrkosten für eine in den meisten Fällen beidohrige Versorgung beträgt 1.169 Euro. Mehrkosten sind die Kosten, die über die Höhe des von den Krankenkassen erstat-teten Festbetrags von 733,59 Euro hinausgehen. Eigentlich sieht das 30 Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung vor, dass Versicherte eine ausreichende und bedarfsgerechte Versorgung erhal-ten, ohne Mehrkosten zahlen zu müssen.

„Es ist nicht verwunderlich, dass ein Großteil der Patienten beim Akus-35 tiker tief in die Tasche greifen muss“, stellt PD Dr. Löhler fest. „Denn obwohl klare und verbindliche Vereinbarungen mit den Krankenkassen bestehen, unterlaufen die Kassen die verabredete Qualitätssicherung durch gesonderte Verträge.“ Wer solche Verträge mache, brauche sich nicht zu wundern, dass er am Ende massive Mehrkosten für die Pati-40 enten zu beklagen habe, kritisiert der HNO-Experte. In Verträgen zwi-schen der Bundesinnung der Hörakustiker und Krankenkassen wird auf die in der Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 135 Abs. 2 SGB V vereinbarte Abnahme der Hörgeräteversorgung durch den HNO-Arzt ausdrücklich verzichtet. Ein Großteil der Folgeversorgungen mit Hör-45 hilfen läuft darüber hinaus ohne die Wiedervorstellung beim HNO-Arzt und damit ohne jegliche ärztliche Kontrolle ab.

„Dieser Zustand birgt nicht nur die Gefahr, dass gefährliche Erkrankun-gen hinter einer Schwerhörigkeit unerkannt bleiben. Es fehlt auch die dringend erforderliche ärztliche Kontrolle der mit den Hörgeräten erziel-ten Hörverbesserung“, kritisiert HNO-Arzt Löhler. Angesichts der mas-siven Mehrkosten beim Hörakustiker, die nun vom GKV-Spitzenverband festgestellt werden, mache sich die von den Kassen wegrationierte unabhängige Kontrolle durch den HNO-Arzt bitter be-55 merkbar.

Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte drängt seit Jahren auf die Einhaltung der Qualitätsvorgaben bei der Versorgung von schwerhörigen Patienten. Ziel ist es, die Hilfsmittel-Richtlinie des 60 Gemeinsamen Bundesausschusses so zu konkretisieren, dass die endgültige Abgabe des angepassten Hörgerätes erst nach der finalen Abnahme durch den HNO-Arzt erfolgen darf. Damit wäre sichergestellt, dass die Patienten ein für sie passendes Hörgerät erhalten.

„Die Verhandlungen verlaufen schleppend und sind sehr mühselig. Lei-der werden vor allem von Seiten der Krankenkassen immer wieder Möglichkeiten gefunden, den Abschluss hinauszuzögern oder auf an-derem Wege die Änderung der Hilfsmittel-Richtlinie zu behindern“, kon-statiert Löhler. Die nun vorliegenden Ergebnisse der Versichertenbe-70 fragung sollten für die Kassen Anlass sein, ihre Haltung in den Ver-handlungen zu überdenken, fordert der Direktor des WIAHNO.