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Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

Ausgabe 03/2022

Liebe Leserinnen und Leser!

Filme mit historischem Hintergrund führen uns oft mit Augenzwinkern vor, welch enorme technische Fortschritte wir in den vergangenen 50 Jahren erlebt haben. Da kämpft ein Kommissar mit der Fernbedienung eines Videorecorders, um ihm die Bandaufzeichnung eines Tathergangs zu entlocken. Oder ein schwungvoller Jungmanager zieht mit einem frühen Mobiltelefon am Griff wie mit einem Waffeleisen von Einsatzort zu Einsatzort. Nostalgische Erinnerungen in einer Zeit, in der die letzten Ton- und Bildträger bald von Streaming- und Clouddiensten abgelöst sein werden, selbst hartnäckige Anhänger des öffentlich-rechtlichen „Linearfernsehens” ihre Inhalte zur passenden Zeit aus der Mediathek abrufen und stolze Großeltern täglichen Anteil an der Entwicklung ihrer Enkel nehmen - dank Fotos und kleiner
Videos über WhatsApp.

Zugang zu digitalen Medien und Technologien für alle Menschen, unabhängig von Wohnort, Wohnform oder finanziellen Ressourcen - das fordern die Bundesarbeitsgemeinschaft
der Seniorenorganisationen (BAGSO) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in ihrem „DigitalpaktAlter" Menschen sollen nicht irgendwann auf dem Weg dieser Entwicklungen abgehängt werden. Dafür leben wir heute einfach zu lang. Es geht dabei nicht nur um praktische Dinge. Nicht zu leugnen ist ja, dass es immer schwieriger wird, ein Bankkonto zu führen, eine Fahrkarte zu kaufen oder eine Reiseroute zu planen, ohne dabei digitale Wege zu nutzen. Nein, es geht- zweitens - genauso um die aktive und volle Teilhabe am Leben - der Informationen, der Kultur, der neuen Generationen. (Haben Sie es registriert? Es gibt keine „analogen” Lexika mehr. Schon lange nicht mehr.)

Zentrales Anliegen des Digitalpakts der BAGSO ist der Auf- und Ausbau von Bildungsangeboten, die ältere Menschen beim Erlernen digitaler Kompetenzen begleiten und unterstützen. Denn zu oft trauen sich Menschen, die in ihrem beruflichen Leben wenig Kontakt zur Arbeit am Bildschirm hatten, später nicht mehr „an den Computer? Manchmal löst dann eine für das eigene Leben wichtige Initialtechnik den Knoten. Ich bewundere immer noch meine technisch wenig bewanderte Großtante, die sich - zwanzig Jahre ist es wohl her - eines Tages einen PC einrichten ließ und sich die Welt der E-Mail erschloss. Weil sie schlicht zeitgemäß mit uns korrespondieren wollte. Welche ungeahnten Möglichkeiten hat das Internet nicht auch den Ahnenforschern beschert?Auf welche Philologen wartet noch unentdeckt das Zentrale Verzeichnis antiquarischer Bücher als unerschöpfliche Quelle ihrer Literaturforschung?

Auf der anderen Seite fordert die BAGSO, analoge Dienstleistungen solange zur Verfügung zu halten, bis alle Menschen die digitalen Angebote vollumfänglich nutzen können. Die Frage nach einem verbleibenden und zumutbar gangbaren „analogen Weg” wäre ohne Zweifel ein ehrbarer Vorbehalt bei allen Entscheidungen in Politik und Wirtschaft. Das hat etwas mit Selbstbestimmung und Barrierefreiheitzu tun.

Der DigitalpaktAIter sollte ein Anlass für uns sein, unsere Position im Hinblick auf die digitale Teilhabe zu überdenken. Das Portal www.digitalpakt-alter.de  bietet bundesweit Lern- und Erfahrungsorte für Schritte in diese Richtung. (Und ja: Einen analogen „Wegweiser durch die digitale Welt” dazu gibt es auch.) Das Projekt ist darüber hinaus ein lohnendes Feld für die Menschen in der Selbsthilfe, in der Welt der Kommunikation auf dem Laufenden zu bleiben.

Bleiben wir am Puls der Zeit!

Norbert Böttges

Sozialpolitik/Recht/Bauen

  • Was bringt die neue Tinnitusleitlinie?

Nach sieben Jahren haben medizinische Fachgesellschaften und Selbsthilfeverbände die Leitlinie „Chronischer Tinnitus“ überarbeitet und im Herbst 2021 veröffentlicht. Neben Altbewahrtem enthält sie auch neue Akzente. Aus der Sicht derjenigen, die den Tinnitus seit jeher als Begleitsymptom einer Hörbeeinträchtigung erleben und beschreiben, gibt es sogar eine wichtige neue Empfehlung. Und die erstmals parallel zur medizinischen Leitlinie veröffentlichte Patientenleitlinie erweist sich als ein guter Tinnitusratgeber.

Neues aus den Verbänden

  • Materialien zur Kampagne „Gemeinsam gegen Hörbarrieren"

Für die gemeinsame Kampagne von Deutschem Scwerhörigenbund (DSB) und Deutscher Cochlea Implantat Gesellschaft (DCIG) haben die Landes- bzw. Regionalverbände Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem Kompetenzzentrum für Menschen mit Sinnesbehinderungen NRW (KSL MSi NRW) jetzt ergänzende Materialien herausgegeben. Mit Plakaten und Postkarten können Gruppen vor Ort die Ziele der Kampagne unterstützen und zum Beispiel Politiker; Behindertenbeauftragte, Veranstalter oder andere Funktionsträger auf das Thema aufmerksam machen.

  • Nachruf Dieter Grotepaß - „Briefzirkel Liselott": Reden ist Silber, Helfen ist Gold

Mancher Nachruf ist interessant auch für diejenigen, die den Verstorbenen gar nicht gekannt haben. Sein - oder ihr - Leben steht für eine ganz eigene Art, dem Leben gegenüberzutreten. Dieter Grotepaß, ein langjähriger Aktiver im Deutschen Schwerhörigenbund und in der Deutschen Cochlea Implantat Gesellschaft, starb am 28. Marz 2022 im Alter von 81 Jahren. Lesen Sie denfolgenden Nachruf von Irmgard Schauffler als Würdigung eines ganz besonderen Lebenslaufs.

Teilahabe/Rehabilitation

  • DSB-Fachtagung zur Pflege von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen

Mit einer Fachtagung zur Pflege von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen hat der Landesverband Nordrhein-Westfalen (NRW) des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) Anfang April in Paderborn seine Aktivitäten zur Verbesserung der Situation für Hörgeschädigte
in der Pflege fortgesetzt. Neben der seit vielen Jahren mit dem Thema befassten Case-Managerin und Pflegetrainerin Mechthild Decker-Maruska war die Behinderten- und Patientenbeauftragte des Landes NRW, Claudia Middendorf, Referentin und Teilnehmerin der Tagung.

Buchtipp

  • Otosklerose - viel häufiger als gedacht

Das gibt es überall: Themen, über die allerorten gesprochen und geschrieben wird, und solche, die ihr Dasein im Verborgenenfristen. So etwa ergeht es dem Mittelohrimplantat („Stapesplastik“) im Vergleich zum Cochlea-Implantat (CI). Das Defizit einer verständlichen und praxisnahen Aufklärung über die Chancen und Risiken einer Mittelohroperation bei Hörverlusten durch Otosklerose zu schließen, hilft jetzt ein neues Buch von Tabea Lettau.

Filmtipp

  • Schmetterlinge im Ohr

Am 16. Juni 2022 läuft endlich auch in deutschen Kinos ein neuer Film an, der vielen unserer Leser großen Spaß zu machen verspricht. „Schmetterlinge im Ohr“ ist einer jenen Gute-Laune-Filme aus französischer Produktion, der Menschen mit Hörbeeinträchtigungen und ihre Mitwelt mit Schwung und Humor auf viele typische Situationen und Erfahrungen in ihrem Leben stoßen wird. Mit freundlicher Erlaubnis von FILMSTARTS. de  drucken wir im Folgenden die ebenso schwungvolle Filmkritik von Lars-Christian Daniels ab.

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