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Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

Ausgabe 01/2023

Liebe Leserinnen und Leser,

Ende vorigen Jahres wehte mir eine Anzeige in den Posteingang: „Mach dich frei von der Maskenpflicht: Mit einem Schwerhörigenausweisl” Ein „Schwerhörigenausweis”? Was ist das? In lockerem Ton ging es weiter: „Hast auch Du Schwierigkeiten, auf unsinnige Vorgaben zu hören ? ”Sieh an, ein neuartiger Hörtest? „Dann bist du möglicherweise schwerhörig...” Jetzt kommt vermutlich der Rat, zum HNO-Arzt zu gehen. Dachte ich - wurde aber von einer unerwarteten Wendung überrascht:„...und von der Maskenpflicht ausgenommen."

Das Weitere ist so amüsant, dass ich es nicht vorenthalten möchte: „Mit Maskenfrei.express erhältst Du bereits bei einem sehr geringgradigen Hörverlust einen Ausweis, der Deine Schwerhörigkeit für Kontrolleure dokumentiert. Das trifft faktisch auf fast jeden Jugendlichen und Erwachsenen zu." Schwerhörig zu sein ist also ganz easy! Und schafft handfeste Vorteile: „Für einmalig 14,99 Euro wird Deine eigene Einschätzung dokumentiert und Du erhältst innerhalb von maximal drei Tagen per Post einen Schwerhörigenausweis. - Jetzt die Maskenpflicht ganz legal loswerdenl” (siehe dazu auch die Meldung auf Seite 42).

Das Geschäftsmodell stützt sich ausdrücklich auf das geltende Infektionsschutzgesetz. Dort heißt es in § 28 b Abs. 1 Satz 3: „Eine Atemschutzmaske (...) oder medizinische Gesichtsmaske (...) muss nicht getragen werden von (...) 3. gehörlosen und schwerhörigen Menschen und Personen, die mit ihnen kommunizieren, sowie ihren Begleitpersonen." Eine gute, eine wichtige, eine leider immer noch viel zu unbekannte Regelung. Allerdings hat der Gesetzgeber etwas schludrig formuliert. Er hat übersehen, dass schwerhörige Menschen nicht dadurch besser verstehen, dass sie selbst ihren Mundschutz ablegen. Und auch den Sinn und Zweck der Befreiung hat man in anderen gesetzlichen Texten in der Kommunikation mit...”) schon mal treffender formuliert.

Für Gutgläubige lässt sich daraus also ein Geschäftsmodell machen. Für 14,99 Euro innerhalb von drei Tagen ein Schwerhörigenausweis - und weg mit der Maske! Wenn das mal kein Schnäppchen ist. Wer der Spur im Internet weiter folgt (unter www.maskenfrei.express), bekommt noch einen interessanten Einstieg in die Argumentationsweise der Querdenker. Der Gesetzestext wird freihändig nachformuliert, nicht ganz genau, aber auch nicht ganz falsch, und anschließend gerät man in ein buntes Konglomerat von Zitaten, Gutachten und Expertenmeinungen. Ein Stück weit faszinierend, wie der Anschein einer juristisch und wissenschaftlich abgesicherten Argumentation aufgebaut wird. Letztlich muss man allerdings zu oft über dünne Bretter balancieren, als dass man dem Gedankengang ernsthaft folgen möchte.

Im neuen Jahr haben wir Wichtigeres zu tun. Erfahren Sie in diesem Heft auf  Seite 27 mehr zur nun erfolgten Gründung des neuen Deutschen Hörverbands (DHV) - der Dachverband von Deutscher Cochlea Implantat Gesellschaft und Deutschem Schwerhörigenbund. Die Kompetenzen beider Verbände bilden eine starke Kraft. Der neu gewählte Vorstandsvorsitzende Dr. Harald Seidler steckte die Ziele des DHV weit: „Jetzt haben wir die Möglichkeit, wirklich etwas zu erreichen. Wir wollen die Beratung ausbauen, Aktionen ausweiten, Prävention anstoßen und aufrütteln, welche Auswirkungen eine schlecht oder nicht versorgte Hörschädigung haben kann. Und wir wollen den Versorgungsprozess begleiten". Packen wir es also an!

Ihr
Norbert Böttges

 

Sozialpolitik/Recht/Bauen

  • EUTB 2023 - der DSB ist mit dabei

In den fünf Jahren seit 2018 hat sich die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB®) des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) in den Bundesländern fest etabliert. Gefördert von der Bundesregierung haben die DSB-Landesverbände an vielen festen und mobilen Standorten bundesweit ein Beratungsangebot aufgebaut. Zum 01.01.2023 ändert sich einiges.

Aus den neuen Verbänden

  • Deutscher Hörverband - gegründet!

Mehrfach fiel das Wort „historisch“. Und wenn auch vielleicht nicht von welthistorischer Bedeutung, so war es in jedem Fall ein verbandshistorischer Moment, als die 14 Vertreter der Bundes-, Landes- und Regionalverbände von Deutschem Schwerhörigenbund (DSB) und Deutscher Cochlea Implantat Gesellschaft (DCIG) am 10. Dezember 2022 in Frankfurt am Main ihre Unterschrift unter das Gründungsdokument ihres neuen Dachverbands setzen. Der Deutschen Hörverband (DHV) ist geboren.

  • DSB entwickelt Strategien für Kinder- und Jugendhilfe und berufliche Teilhabe

Der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) veranstaltet jährlich mehrere Workshops, in denen er gemeinsam mit sachkundigen und interessierten Personen Strategien für seine sozialpolitische Arbeit entwickelt. Seit Sommer 2022 werden sie von der neuen Gesundheits-und  sozialpolitischen Referentin des DSB Kriemhild Egermann-Schuler geleitet.

  • Arbeitstagung 2022 der Deutschen Gesellschaft der Hörbehinderten

Die Deutsche Gesellschaft der Hörbehinderten (DG) ist der bundesweite Dachverband der Hörbehinderten-Selbsthilfe und ihrer Fachverbände. Vom 11. bis 13. November 2022 hatte sie zu ihrer jährlichen Fachtagung und Mitgliederversammlung eingeladen.

  • DSB bereitet Ausbildung zu Pflegelotsen vor

Auf einer Fachtagung zur Pflege von Mensehen mit Hörbeeinträchtigungen in Paderborn hat der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) Anfang des vorigen Jahres seinen Kommunikationsleitfaden für Pflegekräfte vorgestellt. Im November setzte der Verband seine Aktivtäten für eine angemessene Berücksichtigung der Hörschädigung im Pflegeprozess mit einem zweitägigen Workshop in Frankfurt am Main fort.

Termine/Veranstaltungen

  • Comeback der Reha-Care

Nach drei Jahren Pause feierte die Reha-Care, die nach eigener Aussage größte internationale Messe für Rehabilitation und Pflege, im September in Düsseldorf ihr Comeback. Susanne Fülop vom Deutschen Schwerhörigenbund (DSB) war am DSB-Stand im Themenpark Hören, dem traditionellen Ausstellungs-Karee der Verbände der Hörgesehädigten-Selbsthilfe, vor Ort.

  • IFHOH-Weltkongress der Hörgeschädigten in Budapest

Ursprünglich für Mai 2020 angesetzt, musste der Weltkongress der Hörgeschädigten aufgrund der Coronapandemie mehrmals verschoben werden. Vom 22. bis zum 24. September 2022 konnte er dann endlich in Ungarn stattfinden. Ursula Soffner, Vizepräsidentin des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB), hat interessante Informationen von dort mitgebracht.

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