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Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

Stellungnahme des DSB e.V.: Anforderungen des DSB an die neuen Versorgungsverträge für Hörgeräte

Anforderungen des DSB an die neuen Versorgungsverträge für Hörgeräte

Die neuen Verträge müssen den Anforderungen des Rechts entsprechen

Bereits im Frühjahr 2012 haben die gesetzlichen Krankenkassen angekündigt, in Kürze ihre neuen Festbeträge für mittel- und hochgradige Schwerhörigkeitsgrade bekannt zu geben. Gleichzeitig sollten neue Versorgungsverträge mit den Hörgeräte-Akustikern vorbereitet werden.

Seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 17.12.2009 (B3 KR 20/08 R) entsprechen die derzeit geltenden Versorgungsverträge in zentralen Punkten nicht der geltenden Rechtslage und Rechtsprechung. Damit sind sie von vornherein rechtswidrig und rechtlich unwirksam.

Der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) mahnt an, nach mehr als 3 Jahren seit dem o.g. BSG-Urteil, endlich zu einer rechtskonformen Versorgungslage durch Neudefinition der angekündigten Festbeträge und neuer Versorgungsverträge zu kommen und sieht sich zu folgender Stellungnahme veranlasst:

(1) Der DSB fordert:
Die Mehrkostenerklärung in den Versorgungsverträgen muss durch eine rechtskonforme Formulierung ersetzt oder ganz gestrichen werden.

Rechtlich wirksame Erklärungen zu den Mehrkosten der Hörgeräteversorgung müssen den Versicherten über seinen Anspruch auf eine volle Kostenübernahme im Rahmen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts qualifiziert aufklären. Sie müssen ihm eine ausformulierte Wahl lassen, seinen Anspruch auf Mehrkostenerstattung auch über den erstattungsfähigen unmittelbaren Hörausgleich zu begründen.

Diesem Anspruch genügt keiner der bisher bekannt gewordenen Mehrkostenerklärungen der verschiedenen Krankenkassen. Die Texte sind vielmehr dazu geeignet, die Versicherten in Unkenntnis der Rechtslage oder unter Ausnutzung einer durch die Vertragsgestaltung konstruierten Zwangslage zu einem Verzicht auf die ihnen zustehenden Rechte zu veranlassen. Damit widersprechen sie dem Aufklärungsgebot der Leistungsträger nach § 14 SGB I.

Nach begründeter Ansicht des DSB sind diese Erklärungen bisher daher pflichtverletzend und sittenwidrig. Für eine rechtskonforme Erklärung empfiehlt der DSB die nachfolgende Formulierung:

"Ich habe mich für eine Versorgung mit dem bestmöglichen Behinderungsausgleich entschieden, bei der ich eine Zuzahlung leisten muss. Ich bestätige, dass mein Hörgeräteakustiker mir eine alternative zuzahlungsfreie Versorgung angemessen und zur Probe ausgegeben hat, die hinsichtlich der Sprachverständlichkeit im Störgeräusch und in größeren Personengruppen

  • nicht den bestmöglichen Behinderungsausgleich sichert. Mein Anspruch auf volle Kostenübernahme gegenüber meiner Krankenkasse bleibt hiermit gewahrt.
  • mit der jetzt von mir gewählten Versorgung gleichwertig ist. Für die Mehrkosten sind ausschließlich persönliche Gründe maßgebend. Aus diesem Grund komme ich für die Mehrkosten der Anschaffung und auch für auf diese Funktionalitäten entfallende Reparaturen selbst auf.

(Alternativen bitte ankreuzen)"

Der DSB weist ausdrücklich darauf hin, dass jedes eigenanteilsfreie Versorgungsangebot den im BSG-Urteil vom 17.12.2009 (B 3 KR 20/08 R) definierten Anspruch der Versichersten zu berücksichtigen hat. Für die Mehrkosten können daher ausschließlich persönliche Gründe maßgebend sein.

(2) Der DSB fordert:
Die neuen Verträge müssen die Messanordnung für die geforderte eigenanteilsfreie Versorgung zweifelsfrei und vollständig definieren.

Weder die bisher vorgelegten oder bereits neu abgeschlossenen Verträge noch die neue Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses enthalten eine Aussage darüber, wie die geforderte, bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder von den Akustikern zu messen und nachzuweisen ist. Alle bisher definierten Messverfahren und Nachweise berücksichtigen nicht das Hören im Störgeräusch, in größeren Räumen und größeren Personengruppen. Damit fehlt eine wesentliche Anforderung an den Nachweis der erfolgreichen Versorgung.

Der DSB fordert: In den neuen Verträgen muss das Verfahren für die vergleichende Messung im Störgeräusch spezifiziert und zwingend vorgeschrieben werden.

Nur ein klar definiertes Messverfahren und eindeutig geforderte Nachweise können die Qualität der eigenanteilsfreien Hörgeräteversorgung sicherstellen. Nur so kann auch die Grenze der Leistungspflicht des Akustikers und der Krankenkasse nachprüfbar belegt werden.

Nach Ansicht des DSB muss ein solches Verfahren angemessen, einfach und reproduzierbar sein. Der DSB fordert objektive Vergleichsmessungen mit Hörgeräten im Störgeräusch.

Berlin, 7. Februar 2013