Gesetze, Richtlinien, Festbeträge
Die Versorgung der Versicherten generell ist im § 70 SGB V geregelt:
(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.
(2) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinzuwirken.
Das gilt auch für die Versorgung mit Hörgeräten. Eine Hörgeräteversorgung ist dann ausreichend, wenn die Schwerhörigkeit des Betroffenen nach dem derzeitigen Stand der Technik bestmöglich ausgeglichen wird.
Für Hörgeräte (Hilfsmittel) wurde von den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Jahr 1988 entschieden, Festbeträge einzuführen. Näheres regeln die §§ 35 und 36 SGB V.
Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V)
Gesetzliche Krankenversicherung § 33 Hilfsmittel
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind...
Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen.
Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
§ 36 Festbeträge für Hilfsmittel
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 5 G v. 8.12.2016 I 2838
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei sollen unter Berücksichtigung des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefasst und die Einzelheiten der Versorgung festgelegt werden. Den Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer ist unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt für die Versorgung mit den nach Absatz 1 bestimmten Hilfsmitteln einheitliche Festbeträge fest. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die Hersteller und Leistungserbringer sind verpflichtet, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Verlangen die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Satz 1 und nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erforderlichen Informationen und Auskünfte, insbesondere auch zu den Abgabepreisen der Hilfsmittel, zu erteilen.
(3) § 35 Abs. 5 und 7 gilt entsprechend.
§ 35 Festbeträge für Arznei- und Verbandsmittel
(5) Satz 1: Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten.
Satz 2: Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten.
Satz 4: Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen.
(7) Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 3, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.
§ 13 Abs. 3a SGB V
(3a) Kann eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) eingeholt wird, nicht innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung.... Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes nach Satz 1 oder Satz 4, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
Anmerkung zu § 13 Abs. 3a SGB V
Vereinfacht: Wenn eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder, wenn der Medizinsche Dienst beteiligt ist, nach fünf Wochen entscheidet, muss sie den Grund dem Antragsteller mitteilen. Unterlässt sie dies, so gilt der Antrag als genehmigt.
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sieht vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss - ein Gremium bestehend aus Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen und Patientenvertretern – eine Richtlinie beschließt zur Sicherung der Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln. Die Richtlinie ist für die Versicherten, die Krankenkassen, die Vertragsärztinnen und -ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen sowie die Leistungserbringer (z.B. Hörakustiker) verbindlich.
Der Abschnitt Hörhilfen dieser Hilfsmittelrichtlinie wurde mit Wirkung vom 01.04.2012 überarbeitet und modernisiert. Patientenvertreter des Deutschen Schwerhörigenbundes e.V. haben daran mitgewirkt.
Die Richtlinie sieht vor, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für solche Hörgeräte aufkommt, die nach dem Stand der Medizintechnik Funktionsdefizite des Hörvermögens möglichst weitgehend ausgleichen, und zwar im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztendlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Dabei soll – soweit möglich – ein Sprachverstehen auch bei Umgebungsgeräuschen und in größeren Personengruppen erreicht werden. Zugrunde liegt ein Urteil des Bundessozialgerichtes vom 17. Dezember 2009 (B 3 KR 20/08 R), mit welchem die Zielsetzung, die eine Hörhilfe im Rahmen des Leistungsanspruchs gewährleisten muss, klargestellt wurde.
Übertragungsanlagen sind zusätzlich zu einer erfolgten Hörhilfenversorgung oder Cochlea Implant (CI)-Versorgung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen verordnungsfähig. Das gilt nun über die Anwendung im schulischen Bereich hinaus auch für Erwachsene. Damit auch für Übertragungsanlagen als Hilfsmittel ein Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung geltend gemacht werden kann, muss die Verbesserung des Sprachverstehens in einem Lebensbereich notwendig sein, der zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählt. Eine Verbesserung des Behinderungsausgleiches auf beruflicher oder gesellschaftlicher Ebene sowie im Freizeitbereich reicht dazu nicht aus. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählt u. a. sich für eine selbständige Lebens- und Haushaltsführung notwendige Informationen beschaffen zu können.
Am 29.10.2014 ist eine weitere Richtlinienänderung in Kraft getreten. Notwendig wurde diese Änderung, da der Gesetzgeber mit dem Pflegeneuausrichtungsgesetz im Jahr 2013 den sogenannten Arztvorbehalt, also die Verordnungspflicht bei der Hilfsmittelversorgung gekippt hat. Lediglich bei der Erstversorgung mit Hilfsmitteln ist gesetzlich noch eine ärztliche Verordnung erforderlich, bei Folgeversorgungen nur dann, wenn eine erneute Therapieentscheidung erforderlich ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte sich daher damit zu befassen, wann nach der Erstversorgung mit Hörgeräten eine erneute Therapieentscheidung geboten ist.
Als Ergebnis wurde am 17.07.2014 vom G-BA beschlossen, dass eine ärztliche Verordnung bei der Folgeversorgung notwendig ist
- bei Kindern
- bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit (WHO-4)
- bei neu aufgetretenem Tinnitus
Der DSB kann mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Eine erneute Therapieentscheidung halten wir auch für notwendig bei einer Hörverschlechterung von 5 oder 10 dB. Es gibt Krankheiten, die sich schleichend entwickeln und als Symptom eine Hörverschlechterung aufzeigen. Diese von einer im Alter zunehmenden Schwerhörigkeit abzugrenzen, kann nur ein HNO-Arzt.
Und es gibt Personengruppen wie mehrfachbehinderte Menschen, insbesondere Hör-sehbehinderte oder Menschen mit einer neuronalen Störung, für die wir einen Arztvorbehalt ebenfalls für geboten halten. Z.B. kann für diese Personengruppen die Entscheidung für eine CI-Versorgung schon viel früher angezeigt sein und nicht erst beim Erreichen einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit.
Der DSB empfiehlt daher den Arztbesuch vor einer Folgeversorgung immer auch in diesen Fällen und rät dazu, nach erfolgter Hörhilfenanpassung auch die Überprüfung durch den Arzt durchführen zu lassen. Durch Messungen und durch ein standardisiertes, vom G-BA entwickeltes Fragebogen-Verfahren wird vom HNO-Arzt überprüft, ob die Hörgeräteversorgung den gewünschten Erfolg gebracht hat.
Eine weitere Richtlinienänderung trat am 17.02.2017 in Kraft.
Die Überprüfung des Hörhilfenversorgungs-Ergebnisses kann im Störschall auch mit dem Freiburger Einsilbertest festgestellt werden. Dazu wurden genaue Festlegungen getroffen.
Am 03.10.2018 trat die von den Patientenvertretern initiierte Richtlinienänderung zur Versorgung von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen und Menschen mit mehrfachen Behinderungen sowie zur Versorgung mit Übertragungsanlagen in Kraft. Hierbei wurde beschlossen, dass durch eine beidohrige Versorgung, soweit möglich, auch das räumliche Hören verbessert werden soll. Außerdem gab es Klarstellungen bei der Versorgung mit Übertragungsanlagen bei Erwachsenen.
Im Jahr 2019 hat der Gemeinsame Bundesausschuss über die ärztlich Abnahme von Hörhilfen beraten. Diese soll nach einem Beschluss vom 17.10.2019 immer dann erfolgen, wenn der HNO-Arzt die Hörhilfe auch verordnet hat, also immer bei der Erstversorgung und bei den Folgeversorgungen von Kindern und an Taubheit grenzend schwerhörigen Menschen. Diese Richtlinienänderung ist noch nicht in Kraft getreten, da das Bundesgesundheitsministerium noch Klärungsbedarf sieht.
Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses:
Was sind Festbeträge?
1989 wurden für Hörhilfen erstmals Festbeträge eingeführt. Durch ein pauschaliertes Preissystem sollte die Abrechnung von Hörgeräten mit den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) vereinfacht werden. Ursprünglich konnten die Hörakustiker ein je nach Hörverlust, Bauart und Technologiestufe passendes Hörgerät auswählen und nach 9 verschiedenen Festbeträgen abrechnen. Die 9 Beträge wurden später auf drei und 2004 schließlich auf einen einzigen Betrag für alle Hörversorgungen reduziert.
Was bedeutet der Festbetrag?
Am 17.12.2009 erstritt eine Einzelperson vor dem Bundessozialgericht (BSG) ein richtungsweisendes Urteil (B 3 KR 20/08 R), indem das BSG den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen und die Rolle des Festbetrags klarstellte:
- Die Krankenkassen haben für die Versorgung mit Hörgeräten aufzukommen, die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben.
- Soweit der Festbetrag für den geforderten Behinderungsausgleich objektiv nicht ausreicht, bleibt die Krankenkasse zur kostenfreien Versorgung der Versicherten verpflichtet.
Wie hoch ist der Festbetrag?
Aufgrund der Anforderungen des Gerichtsurteils wurden in den Jahren 2012 und 2013 neue Festbeträge festgelegt, die etwa das Doppelte des bisherigen betrugen. Da der Kläger seinerzeit an Taubheit grenzend schwerhörig war, wurde außerdem für an Taubheit grenzend Schwerhörige ein zweiter Festbetrag gebildet.
Diese Festbeträge wurden im Dezember 2021 – also nach 8 Jahren – neu festgelegt, blieben dabei aber nahezu unverändert.
Welche Kritik gibt es an den Festbeträgen?
Mit der Neufestsetzung der Festbeträge kommt die GKV ihrer Pflicht nicht nach, ihre Leistungen entsprechend dem Stand der Medizintechnik fortzuentwickeln. Die technischen Anforderungen an die Hörsysteme wurden gegenüber dem Stand von 2013 nicht fortgeschrieben. Viele audiologisch wichtige Funktionen der aktuellen Hörgeräte-Technik sind deshalb mit dem Festbetrag nicht abgedeckt. Eine „bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder“ ist zum Festbetrag grundsätzlich nicht mehr gewährleistet.
Welche Möglichkeiten bestehen für die Versicherten?
Für eine gute Hörversorgung leistet die Mehrzahl der Versicherten deshalb regelmäßig Aufzahlungen. Diese Aufzahlungen haben nicht nur finanzielle Konsequenzen bei der Anschaffung, sondern auch bei späteren Reparaturen.
Da die Festbeträge für den geforderten Behinderungsausgleich oft nicht ausreichen, bleibt für die Versicherten auch der Weg über eine Klage vor dem Sozialgericht. Hierfür müssen sie zunächst das in aller Regel aussichtslose Antrags- und Widerspruchsverfahren bei der Krankenkasse durchlaufen und anschließend Klage beim örtlichen Sozialgericht einreichen. Versicherte, die diesen Weg einschlagen wollen, sollten mindestens ein aufzahlungsfreies Gerät probiert haben und die Situationen aus ihrem privaten und beruflichen Alltag genau beschreiben, in denen dieses Gerät keinen ausreichenden Erfolg erzielen konnte.
Als Hilfestellung für das Verfahren hat der DSB eine ausführliche Argumentation sowie eine detaillierte Gegenüberstellung der audiologisch relevanten Funktionen aktueller Hörsysteme erstellt, die mit Festbetrags-Hörsystemen nicht erreichbar sind.
Update: 28. November 2022
Hilfsmittel können an Versicherte auch auf Grundlage von Verträgen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern abgegeben werden, wenn dies zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und in der Qualität gesicherten Versorgung zweckmäßig ist. Zur Versorgung mit Hörgeräten schließen die Krankenkassen Verträge gemäß §127 SGB V mit Hörgeräteakustikern. In diesen sogenannten Versorgungsverträgen werden die Einzelheiten bei der Hörgeräteversorgung festgelegt. Dabei muss die Qualität der Hilfsmittel sowie die notwendige Beratung der Versicherten und sonstige erforderliche Dienstleistungen sichergestellt werden. Die im Hilfsmittelverzeichnis festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung müssen beachtet werden.
Leider haben die Patientenorganisationen bei den Versorgungsverträgen kein Mitspracherecht, was immer wieder dazu führt, dass die geschlossenen Verträge den Bedürfnissen und Anforderungen der Versicherten nicht gerecht werden. Die Versorgungsverträge haben sich an der jeweils gültigen Hilfsmittelrichtlinie zu orientieren. Es liegen die Definitionen der Festbetragsgruppensysteme zugrunde und diese dürfen nicht unterlaufen werden. Allerdings gilt, dass der festgelegte Festbetrag Höchstpreis ist.
Mit Inkrafttreten der neuen Festbeträge zum 01.11.2013 haben die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA) neue Versorgungsverträge abgeschlossen. Die Vertragspreise variieren in den verschiedenen Verträgen stark, dazu kommen Preise für Otoplastiken und Servicepauschalen, die ebenfalls variieren. Auch die vertraglich zugesicherten Leistungen und der Versorgungsablauf variieren in den unterschiedlichen Verträgen.
Der DSB empfiehlt: Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse über den für Ihr Versicherungsverhältnis gültigen Vertrag. Manche Krankenkassen veröffentlichen die Versorgungsverträge auch auf ihren Internetseiten.
So z.B. hat der vdek – Verband der Ersatzkassen den Geamtvertrag zur Versorgung der Ersatzkassenversicherten mit Hörhilfen zum 01.07.2015 unter folgenden Link veröffentlicht:
Bei Fragen zu Ihrer Hörgeräteversorgung, wenden Sie sich bitte an unsere
- Online-Beratung
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV – Spitzenverband) erstellt ein systematisch struturiertes Hilfsmittelverzeichnis. Die Aufnahme eines Hilfsmittels erfolgt auf Antrag des Herstellers. Das Hilfsmittelverzeichnis und seine Ergänzungen und Änderungen werden im Bundesanzeiger bekannt gemacht.
Im Oktober 2013 erfolgte eine Umstrukturierung in der Produktgruppe Hörhilfen. Hörhilfen, die den Anforderungen an die Ausstattungsmerkmale in der Festbetragspruppe nicht mehr entsprachen, wurden zur Löschung vorgesehen.
Das Hilfsmittelverzeichnis kann unter
https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home eingesehen werden.
Informationen zu den Festbetragsgruppen finden Sie unter folgendem Link:
Hörgeräte für an Taubheit grenzende Versicherte
Hörgeräte für schwerhörige Versicherte
Das vom Gesetzgeber beschlossene Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) zielt darauf ab mehr Qualität und Transparenz in diesen Markt zu bringen.
Die Krankenkassen müssen bei ihrer Vergabeentscheidung künftig neben dem Preis auch qualitative Anforderungen an die Hilfsmittel gleichwertig berücksichtigen. Zudem müssen die Krankenkassen bei der Hilfsmittelversorgung die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Leistungserbringer kontrollieren. Dazu sind Stichproben vorgesehen. Ferner müssen die Leistungserbringer den Versicherten künftig beraten, welche Hilfsmittel und zusätzliche Leistungen für sie geeignet sind und von den Krankenkassen als Regelleistung bezahlt werden. Diese Beratung muss der Leistungserbringer schriftlich dokumentieren und sich durch Unterschrift des Versicherten bestätigen lassen. Die Leistungserbringer werden verpflichtet, die Höhe der Mehrkosten anzugeben. Die Krankenkassen sollen die Versicherten zudem besser über ihre Rechte bei der Hilfsmittelversorgung beraten.
Die Krankenkassen haben die wesentlichen Inhalte der Versorgungsverträge mit den Leistungserbringern für Versicherte andere Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen.
Die Krankenkassen sind zur Überwachung der Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbinger nach diesem Gesetz verpflichtet.
Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenen Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Abs. 3 Nummer 1 SGB V prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
Das Hilfsmittelverzeichnis ist regelmäßig fortzuschreiben. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat bis zum 31. Dezember 2018 sämtliche Produktgruppen, die seit dem 30. Juni 2015 nicht mehr grundlegend aktualisiert wurden, einer systematischen Prüfung zu unterziehen und die im erforderlichen Umfang fortzuschreiben.
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen veröffentlicht erstmals bis zum 30. Juni 2018 und danach jährlich einen nach Produktgruppen differenzierten Bericht über die Entwicklung der Mehrkostenvereinbarungen für Versorgungen mit Hilfsmittelleistungen.