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Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

Ausgabe 03/2023

Liebe Leserinnen und Leser,

jetzt hat auch der Bundesverband der AOK - und damit der größte Player unter den deutschen Krankenversicherungen - seinen neuen Versorgungsvertrag für Hörsysteme vorgelegt (siehe Seite 13). Und zeigt: Es geht auch anders. Zuvor hatten die Ersatzkassen (siehe „Spektrum Hören” 2/2023, Seite 10) die neuen Verträge genutzt, ihrem seit über zwei Jahren schwelenden Angriff auf die Wiederversorgung mit Hörsystemen nach sechs Jahren durch neue Regeln und Reparaturkostenpauschalen eine feste Form zu geben. Demgegenüber bleibt die AOK dem bisherigen Verfahren treu. Nur eine vorzeitige Wiederversorgung - also vor Ablauf von sechs Jahren - bedarf einer besonderen Begründung und Zustimmung der AOK.

Glücklich also, wer AOK-versichert ist. Aber auch für andernorts Versicherte kann das Bedeutung haben. Denn der neue Vertrag der AOK bestätigt letztlich indirekt den rechtlich maßgeblichen $ 31 der Hilfsmittel-Richtlinie. Was sich vor Gericht vorbringen lassen sollte.

Bei näherem Hinsehen sticht im Vertrag der AOK noch eine andere Änderung hervor. Schon immer enthielt er eine Aufzählung von Eigenschaften, die der Hörakustiker über die Mindestausstattung laut Festbetragsregelung „bei Bedarf” aufzahlungsfrei (!) abgeben muss (!). Dazu gehörten bisher zum Beispiel eine T-Spule, ein akustisches Telefonprogramm oder eine (gegen Feuchtigkeit schützende) Nano-Beschichtung. Neu hinzugekommen ist jetzt- und das ist schon ansatzweise sensationell - die 2,4-GHz-Bluetooth-Technologie. Bluetooth hat es also anscheinend im Rahmen einer bedarfsgerechten Versorgung zu den Attributen „zweckmäßig, angemessen und wirtschaftlich” geschafft.

„In ganz Gallien? Nein!” Hier kommt leider eine Besonderheit im AOK-Vertragswerk ins Spiel. Es gibt nämlich zwei Varianten: den „Einzelvertrag” und den „Verbandsvertrag“. Und nur im Einzelvertrag steht die neue Bluetooth-Klausel. Der Verbandsvertrag enthält sie nicht. Und der Verbandsvertrag ist derjenige, den die AOK mit der Bundesinnung der Hörakustiker abgeschlossen hat. Er gilt damit für die meisten niedergelassenen Hörakustiker, Einzelgeschäfte und regionalen Ketten.

Was es mit diesem geheimnisvollen Einzelvertrag auf sich hat, verrät ein kleiner Textzusatz auf der Internetseite der AOK (Abruf 20.04.2023): Einzelvertrag (65 % aufzahlungsfrei). Noch deutlicher wird die Dokumentinformation der heruntergeladenen PDF-Datei: Hörhilfenvertrag KIND WHO_2-3 2023. Einzelverträge schließt die AOK offenbar mit Leistungserbringern ab, die sich verpflichten, eine gewisse Quote von aufzahlungsfreien Versorgungen zu erbringen. Das hilft den Krankenkassen gegen den Verdacht, die von ihnen festgestzten Fesrbeträge wären nicht geeignet, im Regelfall eine ausreichenden und zweckmäßige Versorgung zu gewährleisten. Und den Hörakustikern des Einzelvertrags bringt es einen - zugegeben: geringfügig - höheren Vertragspreis.

Eine typische Win-win-Situation also. Bis zum Ende durchdacht, sogar für alle Hörakustiker und alle Versicherungen. Und - sogar für die Versicherten. Denn jetzt können sie verstehen, welche bundesweiten Hörakustikerketten sie als „Einzelvertragspartner” oft recht zielgerichtet zu einer aufzahlungsfreien Versorgung führen. Damit sie ihr Quotenversprechen erfüllen können. Und als Leser von „Spektrum Hören” dürfen Sie dort ab sofort sogar keck nach dem Angebot ihrer aufzahlungsfreien Hörsysteme „mit 2,4 Ghz-Bluetooth-Funktion” fragen.

Win-win-win eben ...

Ihr
Norbert Böttges

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