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Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

Ausgabe 03/2020

Liebe Leserinnen und Leser!

Die Zeitplanung unserer Redaktion bringt es mit sich, dass ich diese Zeilen schreibe rund einen Monat, bevor Sie das Heft in Händen halten. Gerade hat die Woche zwei des bundesweiten „Kontaktverbots" begonnen. Seit Tagen warten die Menschen jetzt darauf, dass die Zahl der Neuinfektionen zurückgeht. Dabei ahnen viele doch inzwischen, dass wir darauf noch ein paar Tage mehr warten müssen.

Wir leben in bewegten Zeiten. Die Dinge entwickeln sich von Stunde zu Stunde. Gut, wer sich in diesen Zeiten frei informieren kann. Politiker und Wissenschaftler, Presse, Medien und Internet bieten uns allen rund um die Uhr umfassende Informationen über die Entwicklung, die politische und gesellschaftliche Diskussion, die beschlossenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Verbreitung des Coronavirus und das Leben der Gesellschaft.

Uns allen? Nein, nicht wirklich. Das bekommen gehörlose Menschen jetzt besonders zu spüren. Denn gehörlose Menschen sind nicht nur von den Leitmedien Radio und Fernsehen in hohem Maße ausgeschlossen. Sie kommen auch mit Untertiteln, gedruckten Medien und dem schriftlastigen Internet nicht gut zurecht. Ihre Muttersprache, die - deutsche - Gebärdensprache, ist aufgrund ihrer visuellen Darstellung ganz anders strukturiert als die gesprochene und geschriebene Umgangssprache. „Lautsprachler" tun sich deshalb mit dem Erlernen der Gebärdensprache viel schwerer als mit einer Fremdsprache. Und umgekehrt bewegen sich gehörlose Menschen nur sehr mühsam in der Welt der Laut- und Schriftsprache. Fehlende Informationen und mangelndes Verstehen der öffentlichen Diskussion führen in solch angespannten Zeiten dann zwangsläufig zu Unsicherheit, Missverständnissen, Ängsten und Frustration.

Der Deutsche Gehörlosenbund hat in dieser Situation deshalb ganz zu Recht gegen die mangelhafte Präsenz von Gebärdensprache in den allgemeinen Medien protestiert. Ein wenig hat sich getan. Die täglichen Kommuniqués des Robert-Koch-lnstituts werden jetzt konsequent und simultan in Gebärdensprache übersetzt. Auch die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz sah man einmal mit einer Gebärdensprachdolmetscherin an der Seite. Auf der anderen Seite müssen sich die Betroffenen die Erklärungen der Bundeskanzlerin in Gebärdensprache immer noch im Nachhinein in der Mediathek abholen.

Entwicklungen und Einsichten dieser Zeit sind rasant und beileibe nicht nur negativ. Unsere ganze Gesellschaft ist in Bewegung. Es herrschen Not und Ängste, aber auch große Einmütigkeit, Solidarität, Kreativität, Bereitschaft, sich einzuschränken und anderen zu helfen. Der immer allgegenwärtige Vorbehalt der wirtschaftlichen Kompatibilität wurde auf die Füße gestellt. Wirtschaft, Gesellschaft, Staat, Politik - das sind wir, und es geht um uns!

Das sollen alle mitbekommen - mit Freud und Leid, in vollem Maße. Niemand darf ausgeschlossen sein. Das nennen wir Inklusion - und das wollen wir. Vielleicht wird die Corona-Krise auch ein Anstoß, die gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderungen endlich nicht nur mit frommen Worten, sondern mit Taten wirksam anzupacken und mit angemessenen Vorkehrungen voranzubringen.

Mit herzlichen Grüßen
Norbert Böttges

Sozialpolitik/Recht/Bauen

  • Selbsthilfetage des DSB in Köln

Nach derzeitiger Planung werden die Selbsthilfetage des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) in diesem Jahr vom 9. bis 11. Oktober auf Einladung des Ortsverbands in Köln stattfinden. Das bietet den Besuchern eine gute Gelegenheit, sich neben Fachvorträgen und persönlichem Erfahrungsaustausch auch mit den Artikeln des Kölner Grundgesetzes vertraut machen.

Neues aus den Verbänden

  • Seminare für DSB Berater in Berlin

Der DSB veranstaltet im Mai und Juni 2020 zwei Fortbildungsseminare in Berlin zu den Themen „Sozialrechtliche Grundlagen" und „Audiogramme richtig lesen". Sie sind geeignet für DSB-Berater, die ihre Kenntnisse auffrischen wollen, und stehen auch interessierten Betroffenen außerhalb des DSB offen.

Teilhabe/Rehabilitation

  • DSB Präsident trifft Jürgen Dusel

Am 09. März 2020 empfing der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, den neuen Präsidenten des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB), Dr. Matthias Müller, zu einem Antrittsbesuch und Informationsgespräch in seinen Diensträumen im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Unter anderem kamen die unterschiedlichen Bedarfe der schwerhörigen und gehörlosen Menschen zur Sprache sowie Projekte für Barrierefreiheit.

  • Der Notruf, das unerledigte Thema

In politisch brisanten Zeiten wie der Coronakrise kommt so manches Thema wieder auf den Tisch, welches jahrzehntelang „erfolgreich" vor sich her vertagt wurde. Dazu zählt auch der barrierefreie Notruf für Menschen mit Hör- und Sprachstörungen. Angesichts einer anstehenden Novellierung des maßgeblichen Telekommunikationsgesetzes (TKG) hat der Dachverband der Hörbehinderten-Selbsthilfe und Fachverbände (Deutsche Gesellschaft - DG) in einem Schreiben an den zuständigen Bundesminister noch einmal die einschlägigen Forderungen zusammengefasst.

  • Stellungnahme von DCIG und DSB

Im Februar gab es in Celle einen politischen Eklat, als anlässlich einer Bürgerbeteiligung ein hörgeschädigter Teilnehmer für alle sichtbar von einer effektiven Teilhabe ausgeschlossen wurde. Das Ereignis führte nicht nur in der Stadtpresse zu einigem Aufruhr. Auch die Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e. V. (DCIG) und der Deutsche Schwerhörigenbund e. (DSB) haben deutlich Stellung bezogen. Lesen Sie hier, was die Betroffenenverbände zu dem Vorfall sagen.

  • Von Hörhilfen und Nackthörenden

Sind Normalhörende Guthörende? Ist das Wort taubstumm verletzend für Gebärdensprechende? Wäre Fehlhörigkeit ein guter Sammelbegriff für alle Hörbeeinträchtigten? Aber was ist mit jenen, die gut hören, jedoch nicht verstehen können? Der Cochlea Implantat(CI)-Träger Björn Haase geht in seiner Kolumne diesen Fragen nach. Disclaimer: Words don´t come easy...

  • Wenn er Sie den versteht...

kann der Schwerhörige so manche Frage beantworten. Jeder Mensch mit einer Hörbeeinträchtigung weiß, welche Herausforderung Lärmsituationen in Kneipen für Träger von Hörsystemen darstellen. Ausgerechnet in einen Irish Pub lud das Ehrenamtsbüro der Stadt Erlangen zu einem „Promi-Pub-Quiz" ein. Drei Mitglieder der Schwerhörigen-Selbsthilfegruppe Erlangen nahmen die Herausforderung an. Lesen Sie, wie ihr Kneipenquiz ohne Barriere gelang. 

  • Dolmetscherkosten in Krankenhäusern übernehmen jetzt die Krankenkassen

Seit Anfang 2020 übernehmen nicht mehr die Krankenhäuser, sondern die Krankenkassen unmittelbar die Kosten für Gebärdensprach- und Schriftdolmetscher im Krankenhaus. Damit ist eine wesentliche Hürde genommen, wenn hochgradig schwerhörige oder gehörlose Menschen bei der Behandlung in Krankenhäusern auf eine Kommunikationsassistenz angewiesen sind. Denn da die Krankenhäuser die Dolmetscherkosten bisher aus ihren Fallpauschalen bestreiten mussten, haben sie sich in der Regel quergestellt.

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