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Deutscher Schwerhörigenbund e. V.

Was tun im Notfall?

Foto: Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen

Notfälle passieren meist dann, wenn man nicht damit rechnet. Ein Notfall kann überall und jederzeit geschehen. Für hörbeeinträchtigte Menschen ist das eine äußert schwierige Situation. Mit dem Telefon/ Handy einen Notruf abzusetzen, stellt eine große Herausforderung dar. Was kann alles getan werden? Diese Seite zeigt verschiedene Möglichkeiten auf.

Die Ereignisse im Juli 2021, die schwerpunktmäßig Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen haben, haben gezeigt, dass die Natur mit voller Wucht und ohne hervorsehbare Kraft schwer zuschlagen kann. Wieder einmal zeigt es den hörbeeinträchtigten Menschen, wie hilflos diese dann in so einer Situation sind und schnell in Teufels Küche kommen können. Sicherlich gibt es Möglichkeiten, die alle Betroffenen vor der Flut warnen. Aber nur wie helfen diese? Wie  kann davon profitiert werden, wenn die heulenden Sirenen im Tiefschlaf bei verschlossenen Fenstern nicht gehört werden?

Welchen Lösungsansatz gibt es? Was für technische Möglichkeiten gibt es, um hörbeeinträchtigte Menschen rechtzeitig zu warnen? Lesen Sie hier 2 Antworten  von Herstellerfirmen für Zubehörteile.

Es bleibt aber das grundsätzliche Problem, dass die beste App oder Vibrationssender ohne Strom oder Handynetz nichts taugen. Hier stehen die Hörbeeinträchtigten in der Pflicht, sich in Eigenverantwortung ein Hilfsnetz aus Familie, Freunden oder Nachbarn zu stricken. Diese können dann warnen, wenn im Katastrophenfall die Warnsysteme nicht gehört werden.

Alle 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben die 112 ohne Vorwahl als Notrufnummer freigeschaltet. Sie ist kostenlos von jedem Festnetz- und Mobiltelefon aus erreichbar und verbindet mit der nächstgelegenen Leitstelle von Polizei, Notarzt und Feuerwehr. In vielen Leitstellen wird der Notruf in verschiedenen Sprachen bearbeitet. Sie funktioniert in jedem Mobilfunknetz auch wenn „Ihr“ Netz am aktuellen Standort nicht verfügbar ist. Bei Überlastung der Netze werden andere Verbindungen getrennt, um den Notruf absetzen zu können. Informationen zum Standort und der Name des Telefonhalters werden automatisch an die Leitstelle übermittelt, um eine schnelle Ortung zu ermöglichen.

Die nora Notruf-App hilft schwerhörigen und ertaubten Menschen im Fall eines Notfalls einen Notruf absetzen zu können. Mit Hilfe der App erreichen Sie bundesweit Einsatzkräfte wie Polizei und Feuerwehr. Für weitere Informationen folgen Sie bitte dem Link .

Nachdem Sie sich bei den Tess - Relay-Diensten angemeldet haben können Sie den Notruf über Tess kostenlos nutzen. Damit können Sie über die Relay-Dienste TeSign und TeScript die Notrufnummern 110 und 112 anrufen. Ihr Telefonat wird von Dolmetschern gedolmetscht.

Was wird benötigt für einen Notruf über TESS?

  • Computer (Webcam für Gebärdensprachnutzer), kostenlose MMX Software
  • Smartphone/Tablet mit der kostenlosen Tess-App
  • Apple-PC unter bestimmten Voraussetzungen
  • über die Tess-Homepage

 

TeSign- Gebärdensprachdolmetscherdienst

Gehörlose Menschen rufen über eine Videoverbindung bei TeSign einen Gebärdensprachdolmetscher an. Der Gebärdensprachdolmetscher stellt eine Telefonverbindung zum gewünschten hörenden Gesprächspartner her. Das Telefonat wird für beide Teilnehmer vom Gebärdensprachdolmetscher von Deutscher Gebärdensprache in deutsche Lautsprache und umgekehrt übersetzt. Auch lautsprachbegleitende Gebärden werden übersetzt.

TeScript-Schriftdolmetscherdienst

Über eine Chatverbindung rufen hörbeeinträchtigte Menschen bei TeScript einen Schriftdolmetscher an. Sie teilen schriftlich ihren Telefonwunsch mit. Der Schriftdolmetscher stellt eine Telefonverbindung zum gewünschten hörenden Gesprächspartner her. Er überträgt nun die Gesprächsinhalte von deutscher Schriftsprache in deutsche Lautsprache und umgekehrt.

Weitere Informationen zu den Diensten von TESS erhalten Sie hier 

Wenn eine hörbeeinträchtigte Person einen Notruf über das Telefon oder das Handy absetzen muss, sollte sie sich dies auch ruhig zutrauen! Nach dem Wählen der Notrufnummer sollte sie kurz abwarten und dann erklären, dass sie hörbeeinträchtigt ist und Rückfragen akustisch nicht verstehen kann. Sie sollte den Gesprächspartner bitten, einfach nur zuzuhören und ihm dann den Grund für den Notruf erklären.

Dabei sind die 5 „W“-Fragen zu beachten:

  • Wer ruft an?
  • Was ist passiert?
  • Wo ist es passiert?
  • Wie viele Verletzte?
  • Warten auf Rückfragen!

 

SMS-Notruf

Den „SMS-Notruf“ im Sinne des uns bekannten Notrufs über 112 und 110 gibt es nach wie vor nicht. Eine SMS-Nachricht kann nicht direkt an die 112 oder 110 geschickt werden. Der sog. „SMS-Notruf“ benötigt daher auch immer eine vorwahlpflichtige Rufnummer und eine zusätzliche Rufnummer des jeweiligen Providers. Erst dann ist es möglich, dass eine SMS-Nachricht als Telefax in der Leitstelle ausgedruckt werden kann. Diese Art des „Notrufs“ dient nicht dazu, im Notfall schnelle Hilfe herbei zu rufen und ist dafür auch nicht gedacht. Dieser Service der Leitstellen, soweit denn heute überhaupt schon vorhanden, dient lediglich dazu, dass hörbeeinträchtigte Menschen per Handy die Möglichkeit haben, mit Polizei, Feuerwehr oder dem Rettungsdienst in Kontakt treten.

GPS-Ortung

Zwischenzeitlich gibt es Organisationen, die Handys mit der Möglichkeit einer GPS-Ortung anbieten (MHD, DRF, usw.). Im Freien ist eine Ortung bis auf wenige Meter möglich. Schwierig wird es aber in Gebäuden. Hier funktioniert GPS leider nicht.

Handy-Ortung

Gerät man in eine Notsituation, in der man selber nicht mehr telefonieren oder simsen kann, besteht über die Handyortung trotzdem die Möglichkeit, von den Rettungskräften lokalisiert und gefunden zu werden. Daher unbedingt die 112 wählen damit die Rettungskräfte das Handy orten können. Informationen zur Handyortung bekommt man bei allen Leitstellen der Polizei und Feuerwehr.

 

Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland die Möglichkeit, einen Notruf auch per Fax abzusetzen. Dies ist sowohl an die Europanotrufnummer 112 (Feuerwehr, Rettungsdienst) als auch an die nationale Notrufnummer 110 (Polizei) möglich. Im Moment ist es jedoch noch so, dass der Faxnotruf in Deutschland noch nicht bundesweit einheitlich über die 112 und 110 möglich ist. In manchen Bundesländern gibt es nach wie vor vorwahlpflichtige Notfall-Telefax-Nummern.

Notfall-Telefax in Europa

Einen Notruf per Telefax absetzen ist in Europa nicht möglich, mit Ausnahme von Deutschland und Luxemburg. Bitte besondere Faxnummern beachten.

Notfall-Telefax-Vorlagen

Die Notfall-Telefax-Vorlagen sind in Bild- und Schriftsprache gehalten, gibt es in 15 europäischen Sprachen. Notfall-Telefax-Vorlagen sollten immer in der Nähe des Faxgerätes liegen und schon vorab mit den persönlichen Daten ausgefüllt sein. Die aktuelle Faxnummer zur nächsten Leitstelle sollte schon eingetragen sein. Bei einem Notfall braucht man dann nur noch anzukreuzen, welche Hilfe benötigt wird.

Ein Verzeichnis der aktuellen Notfall-Telefax-Nummern und die Notfall-Telefax-Vorlagen erhalten Sie unter: www.notfall-telefax112.de .

Extreme Ausnahmesituationen stellen für einen hörbeeinträchtigten Menschen eine große Herausforderung dar.

Diese könnten beispielsweise der Ausfall von

  • Kommunikationsnetz
  • Stromversorgung
  • Wasserversorgung
  • Abwasserentsorgung
  • Verkehrswege, öffentlicher Verkehr

sein.

Auch extreme Wetterlagen, der Ausfall wichtiger Versorgungseinrichtungen oder Terroranschläge können zu Schwierigkeiten führen.

Warum kommt es zu den Problemen?

Hörbeeinträchtigte Menschen können die Warnungen/Mitteilungen die über die Medien publiziert werden nur schwer bis gar nicht mitbekommen. Auch Lautsprecherdurchsagen der Einsatzleitungen werden schlichtweg nicht gehört bzw. verstanden. Hier wird ganz klar, dass das zwei Sinne-Prinzip nicht erfüllt wird. Hören UND Sehen. Selbst die Einsatzleitung stößt hier auf Probleme, denn ihnen sind die Menschen mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung im Ausnahmefall nicht bekannt.

Hier sollten zwingend die Nachbarn, das soziale Umfeld den Hilfskräften Unterstützung geben.

Wichtige Hinweise:

Nummer im Handy speichern

Wer ein eigenes Handy besitzt, der sollte eine Telefonnummer der Person im Handy abspeichern, die nach einem Unfall zu verständigen ist. Die Rettungskräfte suchen danach, um Angehörige verständigen zu können. Der Hinweis sollte klar und unmissverständlich sein und kann z. B. lauten: “Im Notfall“.

Notfall-Karte

Kommt es zu einem Notfall, bei dem eine hörbeeinträchtigte Person z. B. das Bewusstsein verliert, kann eine „Notfall-Karte“ mit persönlichen Angaben und Telefonnummer einer zu benachrichtigenden Person für Polizei, Feuerwehr oder den Rettungsdienst sehr hilfreich sein. Unbedingt sollte man vermerken, dass man CI- oder HG-Träger ist und ohne die Geräte eine Kommunikation schwer bis gar nicht möglich ist! Diese Notfallkarte sollte man beim Personalausweis aufbewahren!

Ansprechpartner:
Klaus Büdenbender
info(@)notfall-telefax112.de

Update: 27. April 2022
Kurzadresse für diese Seite:
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