Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. (DSB) vertritt ca.16 Millionen Hörgeschädigte in Deutschland und engagiert sich aktiv für die Interessen der schwerhörigen und ertaubten Menschen auf örtlicher, Landes- und Bundesebene. Basis der Arbeit des DSB sind die Landes- und Ortsvereine mit ihren Selbsthilfegruppen, die sich in einem Bundesverband zusammengeschlossen haben.
Der DSB engagiert sich in politischen Prozessen sowohl im Bereich des Sozial-, Behinderten-, Schul-, Arbeits- und Baurechts als auch bei der Entwicklung von technischen Hörhilfen. Überdies ist der DSB in zahlreichen politischen Gremien vertreten. Des Weiteren arbeitet der DSB international mit europäischen und weltweiten Verbänden wie der WHO zusammen.
Sehr gerne möchte der DSB, als Verband der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen die Gelegenheit wahrnehmen, zum oben genannten Referentenentwurf Stellung zu beziehen und die Interessen von hörgeschädigten Menschen einbringen.
Der DSB begrüßt die Einführung der elektronischen Akte in der Justiz (BGBI.IS 2208) und die allgemeine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern (nach dem GDolmG) außerordentlich, da dieser künftig den Verfahrensbeteiligten die Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben nach Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ermöglicht.
Zu dieser Teilhabe zählt auch die kommunikative Barrierefreiheit, welche gesetzlich in Artikel 21 der UN-BRK und Artikel 9 Absatz 1 der UN-BRK - welche das Recht von Menschen mit Behinderungen, sich Informationen und Gedankengut frei zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben geregelt ist. Die Unterzeichnerstaaten sind demzufolge verpflichtet, geeignete Kommunikationsmaßnahmen zu schaffen – auch in öffentlichen Einrichtungen wie Gerichten.
Um nach Artikel 2 der UN-BRK eine barrierefreie, insbesondere auch digitale Kommunikation im Gerichtsverfahren ermöglichen zu können, stellt die Bereitstellung zur Nutzung unterstützender Möglichkeiten und Technologien, insbesondere Dolmetschleistungen wie Schriftdolmetscher für lautsprachlich orientierte hörbehinderte Menschen oder Gebärdensprachdolmetschung einen entscheidenden Faktor zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen dar.
Die zwischenmenschliche Kommunikation ist ein wesentlicher Aspekt der Teilhabe in den verschiedenen Lebensbereichen. Kommunikationshilfen dienen dem unmittelbaren Behinderungsausgleich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die den Gesichtspunkt der Teilhabe in den Vordergrund stellt (vgl. Urteile des BSG).
Der zweckmäßige Einsatz von Kommunikationshilfen wie Schrift- und Gebärdensprach-dolmetscher führt dazu, dass die Kommunikation, die ggf. im Rahmen des Restleistungs vermögens des Klienten vorhanden ist, gefördert bzw. überhaupt erst ermöglicht wird.
Der DSB weist darauf hin, dass die Kommunikationshilfen nicht nur die Ausweitung des Anwendungsbereichs des GDolmG auf Gebärdensprachdolmetschern umfassen sollten, sondern auch die Berücksichtigung der Einbeziehung von Schriftdolmetschern, welche 2017 im Gesetz zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung von Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen (EMöGG) verankert worden ist.
Mit Hilfe des EMöGG soll die barrierefreie Zugänglichmachung des Gerichtsverfahrens zu Verbesserungen bei der Inanspruchnahme von geeigneten Kommunikationshilfen wie Schriftdolmetschern in gerichtlichen Verfahren unterstützen. Des Weiteren sollte auch im Vorfeld die Rechtsberatung zum Verfahren barrierefrei mit Schrift- oder Gebärdensprachdolmetschern bereitgestellt werden.
Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. begrüßt die bundesweite Vereinheitlichung des Niveaus von Verdolmetschungen bei Gerichtverhandlungen sowie der damit einhergehenden Umsetzung europäischer Vorgabenstandards über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (Richtlinie (EU)2010/46), wodurch ein qualitatives und faires Verfahren gewährleistet werden kann (Artikel 2, Absatz 8 Richtlinie 2010764/EU).
Dies umfasst auch gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie eine angemessene Unterstützung für hör- und sprachgeschädigte Personen. Demzufolge ist nicht nur der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern unerlässlich, sondern auch der von Schriftdolmetschern für lautsprachlich orientierte Menschen mit Hörbehinderungen.
Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V., dass die Änderungen zur allgemeinen Beeidigung von Gebärdensprachdolmetschern und insbesondere schließlich auch von Schriftdolmetschern erst ab Januar 2028 in Kraft treten soll und nicht bereits zum Januar 2027.
Die allgemeine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern unter Einbeziehung von Schrift- und Gebärdensprachdolmetschern können somit hörbehinderten und gehörlosen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Gerichtsverfahren ermöglichen, als auch einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der UN-BRK im Sinne des Artikels 4 Absatz 3 leisten, um Menschen mit Behinderungen in allen Prozessen zu beteiligen und dessen Bedürfnisse umzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kriemhild Egermann-Schuler
Gesundheits- und sozialpolitische Referentin
Deutscher Schwerhörigenbund e.V.