Ausgabe 05/2024
Liebe Leserinnen und Leser,
in jeder Krise steckt eine Chance – an diese Erfahrung fühlte ich mich erinnert, als auf dem letzten Onlinedialog des Deutschen Hörverbands DHV bekannt wurde, dass die Krankenkassen dem neuen Verband für das Jahr 2024 keine Fördermittel zugesprochen haben.
Wie soll aus dem zarten Pflänzchen „Zusammenschluss der Verbände der Hörgeschädigten-Selbsthilfe“ etwas werden, wenn für diese Herkulesaufgabe nicht auch ein finanzieller Rahmen gesichert ist? Schließlich ist der DHV ja nicht als eine „Hülle Dachverband“ geplant, sondern soll schrittweise die Mitglieder, Aufgaben und Projekte des Deutschen Schwerhörigenbunds DSB und der Deutschen CI-Gesellschaft DCIG aufnehmen und in einer gemeinsamen Organisation – dem DHV eben – vereinen. Halblaut war dann zu vernehmen, dass die Krankenkassen dabei ein Hintertürchen offen gelassen haben: Wenn bis zum Ende des Jahres 2024 konkrete Projekte und Objekte des neuen Verbands sicht- und greifbar würden, dann könne man über eine künftige Förderung noch einmal reden – und siehe: Auf einmal schienen neue Kräfte freigesetzt. Die ewige Baustelle Homepage, die Überarbeitung
der DSB-Ratgeber unter dem Dach des DHVs, die dahin dümpelnde Kommunikation des neuen Verbands mit seinen 5 000 Mitgliedern – alles wurde hervorgeholt und mit konkreten ersten Schritten versehen.
Bereits im Juni hatte der DSB ein wichtiges Zeichen gesetzt und seine über viele Jahre fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit der Zeitschrift „Spektrum Hören“ mit dem Median-Verlag gekündigt – schweren Herzens, denn jetzt gibt es keinen Weg mehr zurück. Die gemeinsame Zeitschrift der beiden Verbände wird ab Januar 2025 Realität. Was die Arbeit angeht, müssen die beiden tragenden Verbände – DSB und DCIG – mit ihren Kräften ran, um sicht- und greifbar zu machen, wofür der Hörverband steht. Eines ist im Augenblick nicht mehr gefragt: große Anläufe und lange Fristen. Ob das der pädagogische Ansatz der Krankenkassen war? Dafür könnte man sie kaum tadeln – mehr darüber in diesem Heft.
Wofür die Selbsthilfe sonst noch steht, erfahren Sie in den weiteren Beiträgen gleich mehrfach. Fangen wir mit etwas Elementarem an: nicht nur klagen und kämpfen, sondern auch gemeinsam tun. Das muss nicht unbedingt mit Selbsterfahrung, Gruppenarbeit oder Vorträgen zu tun haben, sondern zum Beispiel auch – mit Sport. Der Deutsche Schwerhörigen-Sportverband (DSSV) trägt Jahr für Jahr für Sportbegeisterte Meisterschaften in vielen Disziplinen aus. Hier trifft man sich, hier misst
man sich, hier fühlt man sich gefordert und angenommen – ein kleines, ganz persönliches olympisches Ereignis für die, die mitmachen.
Mehr ins Eingemachte gehen die Kommunikationsseminare des DSBs. In Königswinter ging es diesmal um die besonderen Herausforderungen von Hörgeschädigten im Beruf. Zwei Teilnehmer berichten über ihren Gang in den Beruf, die Inhalte des Seminars und ihre ganz persönlichen Erkenntnisgewinne aus den drei Seminartagen. Und wer es lieber technisch zum Anfassen mag, erfährt etwas zum neuen Bluetooth Auracast und was es mit dieser Technik auf sich hat. Wird sich Auracast im Alltag bewähren und durchsetzen? Und welche Chancen bietet es für die Welt der Hörgeschädigten?
Vielleicht erkennen Sie, warum Selbsthilfe auch weit über hundert Jahre nach ihrer Erfindung für die Betroffenen immer noch wichtig ist und kommen zu dem Schluss, dass Sie die Arbeit der Selbsthilfe fördern und unterstützen wollen. Dann fangen Sie damit an! Jetzt, konkret – mit Ihrem Einsatz, Ihren Interessen und Möglichkeiten! Und warum nicht beim DHV?
Ihr
Norbert Böttges
Aus den Verbänden
- Schwerhörig und erfolgreich im Beruf
„Schwerhörig und erfolgreich im Beruf “ – jeder, der sich auskennt, weiß um die Herausforderungen, die damit verbunden sind. Deshalb lud der DSB Landesverband NRW Betroffene vom 5. bis 7. Juli zu einem Kommunikationsseminar nach Königswinter ein. Moderator und Leiter war Peter Dieler, selbst hörbeeinträchtigter Audiotherapeut mit langjähriger klinischer und Seminarerfahrung. Die 15 Plätze waren schnell vergeben. Wir, Ahmadreza Rashidi und Grit Böhnisch, berichten im Folgenden über die
Inhalte und unsere ganz persönlichen Erkenntnisse.
- DSSV-Boulemeisterschaft in Düsseldorf
Auf der 21. Deutschen Boule-Meisterschaft des Deutschen Schwerhörigen Sportverbands (DSSV) am
22. Juni in Düsseldorf trafen fünf Doubletten aus Kassel, Hamburg und Vaihingen aufeinander. Gespielt
wurde auf dem Bouleplatz des Vereins „Düsseldorf sur place e. V.“, einer sehr großen Anlage mit vielen
Plätzen outdoor und auch einer Halle für schlechtes Wetter.
- DSSV-Badmintonmeisterschaft in Gündringen
Die diesjährigen 24. Deutschen Meisterschaften der Schwerhörigen im Badminton fanden am 6. Juli in Gündringen im Schwarzwald statt. Der ausrichtende SV Gündringen empfing uns mit einem großartigen Catering, Zuschauermöglichkeiten und gutem Hallenboden in seiner schönen Halle.
- Neues vom Deutschen Hörverband DHV
Der Deutsche Hörverband e. V. (DHV) wurde im Dezember 2022 mit dem Ziel gegründet, die Verbände der vorwiegend lautsprachlich kommunizierenden Hörgeschädigten zu vereinen. Gründungsmitglieder sind der Deutsche Schwerhörigenbund e. V. (DSB) und die Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e. V. (DCIG) sowie 14 weitere Regional bzw. Landesverbände. Mit der kontinuierlichen Entwicklung und Stärkung der Strukturen und Inhalte arbeitet der DHV daran, die Voraussetzungen für die angestrebte Fusion zu schaffen. Mittelfristig ist er darüber hinaus offen für weitere Vereinigungen, die die gleichen Ziele und Anliegen verfolgen.
Teilhabe/Rehabilitation
- Auracast – top oder Flop?
Seit ungefähr zwei Jahren begeistert ein neuer Begriff durch die Hörgemeinde: Auracast. Das von der Bluetooth-Interessengemeinschaft (Bluetooth Special Interest Group SIG) entwickelte und veröffentlichte neue Funkverfahren soll die drahtlose Übertragung von Sprache und Musik nicht nur für Hörgeräteträger, sondern im öffentlichen Raum insgesamt revolutionieren. Hat es das Zeug dazu?
- Lassen Sie Ihre Batterien springen …
Passiert Ihnen das auch ab und zu? Sie müssen die Batterien Ihrer Hörgeräte oder Ihres Cochlea-
Implantats wechseln. Zunächst ziehen Sie die neuen Batterien von der Folie ab, damit sie schon
einmal „atmen“ können. Anschließend schütteln Sie die verbrauchten Batterien aus Ihren Hörgeräten.
Und auf einmal – liegen vier Batterien vor Ihnen, unschuldig und nicht mehr voneinander unterscheidbar. Welche sind die neuen, welche die alten Batterien? Da ist guter Rat teuer …